Wirtschaftlichkeit überzeugt

 

Stärkekartoffeln statt Getreide anbauen

Die Stärkekartoffel stand schon immer im Anbauplan von Fred-Gunter Bade(rechts im Bild). Auch zukünftig soll sie in der Bade Kaufmann KG fester Bestandteil der Fruchtfolge bleiben.

Neben  Getreide und Mais für eine Biogasanlage haben Stärkekartoffeln in Klein –  Breese im Landkreis Lüchow-Dannenberg einen festen Anteil von etwa 20 Prozent im Anbauplan von  Fred-Gunter Bade und Bastian Kaufmann.
Neben der Wirtschaftlichkeit sehen die beiden  Geschäftspartner in dem Anbau der Kartoffel eine wichtige Funktion als Vorfrucht für ihre anderen Ackerfrüchte. Speisekartoffeln lassen sich auf den humosen Böden wegen der schwarzen Farbe  weniger gut anbauen. Der Verbraucher verlangt hellschalige Ware.
2016 hatten die beiden Landwirte 70 ha  Stärkekartoffeln unter Vertrag mit der KPW (Avebe Kartoffelstärkefabrik Prignitz/ Wendland GmbH) in Dallmin und Lüchow. Besonders interessant ist der Anbau  nach ihrer Erfahrung in Zeiten schwacher Getreidepreise. Dann kann sich der Deckungsbeitrag besonders sehen lassen. In diesem Jahr schätzen sie den Unternehmergewinn  doppelt so hoch wie beim Getreide. Auf weiteren zehn Hektar wachsen Kartoffeln für die Chipsherstellung.

„In Jahren mit hohen Stärkewerten ist die Wirtschaftlichkeit mit der Produktion von Chipskartoffeln vergleichbar“, so Bastian Kaufmann.

Krankheiten vermeiden

Den Anteil der Knolle bei einer Gesamtfläche von 462 ha Ackerland wollen die beiden  Geschäftspartner allerdings nicht aufstocken. „Wichtig ist uns, dass der Abstand beim Anbau auf einer Fläche vier bis fünf Jahre beträgt. Phytosanitäre Probleme wie beispielsweise Kartoffelzystennematoden sollen so vermieden werden“, so  Bastian Kaufmann. Der Absolvent der Agrarwissenschaften mit dem Abschluss als Master an der Fachhochschule in Rendsburg bewirtschaftet  seit drei Jahren  den Betrieb gemeinsam mit Fred-Gunter Bade.

Ein weiterer Vorteil des Anbaus ist seiner Erfahrung nach die geringe Anforderung an die Lagerung der Stärkekartoffeln. Im Gegensatz zur  Lagerung  von Speisekartoffeln benötigen die Stärkekartoffeln nur eine einfache Lösung. Ein Viertel der Ernte  aus Klein–Breese verlässt den Acker direkt in die Fabrik. Ein Viertel lagern die beiden Landwirte in einer Feldmiete ein. Ein weiteres Viertel findet Platz in einem provisorischen Lager. Die verbleibenden 25 Prozent warten  auf ihren Abtransport  in einer isolierten Halle. Bis Ende Januar sollte alles geräumt sein.

Aktuell fahren die beiden Unternehmer die Kartoffeln  selber zur Fabrik. Ziel der Avebe ist aber in stärkerem Maß  der Fabrikorganisierte Transport über den Maschinenring Lüchow. Mehr Liefer- und Planungssicherheit sowie eine größere Flexibilität sind Argumente für den Verarbeiter. Auch bleibt die Erde bei der  Vorreinigung während des Verladens auf dem Acker. So kommt sie gar nicht erst  in die Fabrik und muss dort nicht entsorgt werden. „Ganz wichtig ist für uns aber die Nachhaltigkeit. Effektiv soll der Transport, die Beladung pro Einheit und die Logistikkette insgesamt sein. CO2 soll eingespart werden“,  so Stefan Seegers, Agromanager bei Avebe.

 Maschinengemeinschaft senkt Kosten

Die Beregnung  über den gesamten Vegetationsverlauf ist Voraussetzung für einen reibungslosen Aufwuchs der Knollen. „Auch eine spezielle Bestandsführung ist notwendig“, weiß Kaufmann. Das genaue Beobachten der Flächen während der Vegetationsphase ist unabdingbar, dank der Erfahrungen aber zu bewerkstelligen.  Bestellung, Pflege und Ernte sind aufgrund der  Spezialmaschinen mit hohen Maschinenkosten verbunden. Sie werden allerdings aufgrund der hohen Anbaufläche und einer  Maschinengemeinschaft mit seinem Bruder Markus im Rahmen gehalten. „Ein Selbstläufer ist der Anbau nicht“, so seine Erfahrung. Dennoch überzeugt ihn die Wirtschaftlichkeit. Landwirte mit weniger guten Voraussetzungen bei der Maschinenausstattung haben die Möglichkeit, die Angebote der Maschinenringe zu nutzen.

Hoher Stärkegehalt in diesem Jahr

Beratung zum Anbau gibt es unter anderem von Ulrike Ziervogel bei Avebe. Die studierte Landwirtin  und Anbauberaterin ist  das Bindeglied zwischen Verarbeiter und den Erzeugern. Auch von der Landwirtschaftskammer gibt es Informationen zu diesen Themen. Die Stärkekartoffel benötigt gleichmäßige  Wachstumsbedingungen. Zu hohe Temperaturen wirken sich negativ auf Ertrag und Stärkegehalt aus. 2016  waren die Bedingungen geradezu  ideal. Der Stärkegehalt liegt deutlich über den geforderten 19 Prozent. Und das macht sich dann auch gleich positiv beim Auszahlungspreis bemerkbar.

Ist der Stärkegehalt höher als die geforderten 19 Prozent, legt die Avebe im Preis nach. In Jahren niedrigerer Stärkegehalte wird allerdings auch abgezogen. Die Mischung der Jahre macht aber  eine berechenbare  Mischkalkulation für den Landwirt möglich. Und der Landwirt kann entscheiden, welche Menge er zu  welchem Preis vermarkten will. Es gibt einen A, B und C-Preis. Eine Lieferpflicht seitens des Landwirts besteht pro  Geschäftsanteil von 4,0 t Stärke. Dafür bekommt er den A-Preis. Ausdehnen kann er diesen Anteil auf ein Lieferrecht bis zu 5,0 t Stärke. Legt er sich beispielsweise auf 4,5 t Stärke zu Beginn der Kampagne fest und liefert sie auch, bekommt er die restlichen 0,5 t Stärke mit dem B-Preis vergütet. Mengen darüber hinaus werden mit dem C-Preis bewertet.  Jedes Jahr werden die Kurse von der Avebe je nach Marktlage bei der Stärke und den Erlösen der Fabrik festgelegt. Die Nachfrage der Avebe-Produkte auf den Weltmärkten hat somit ihren Einfluss auf den Erlös.

Auf zwei Wegen kann der Landwirt mit der Stärkefabrik ins Geschäft kommen. Er kauft  Anteile  und verpflichtet sich damit, Kartoffeln zu liefern. Diese Anteile hat er  lebenslang, kann sie aber weiterverkaufen. Daneben besteht die Möglichkeit mehrjähriger Lieferverträge.

Waxy ist gefragt

Eine weitere Einkommensmöglichkeit ist der Anbau von Waxy-Kartoffeln. Hier geht es um eine speziell gezüchtete Kartoffel mit einem reinen Gehalt an Amylopektinstärke. Die zweite Stärkeart Amylose findet man in diesen Kartoffeln nicht. Amylopektine sind für spezielle Produkte in der Lebensmittelindustrie gefragt. Diese Kartoffel hat einen um den Amyloseanteil verringerten Stärkegehalt von 17 Prozent. Aufgrund der guten Nachfrage bezahlt der Verarbeiter aber 10 €/t mehr für die abgelieferte Stärke. Auch der Anbau und die Lagerung dieser Sorte sind aufwändiger, vergleichbar mit Speisekartoffeln. Die Bade Kaufmann KG baut zu 80 Prozent Waxy-Kartoffeln an.

„Je mehr Kartoffeln unsere Fabriken erreichen, desto geringer sind die festen Kosten und umso besser fällt der Preis für die Landwirte aus“, weiß Stefan Seegers. Wenn der sogenannte Leistungspreis heute bei rund 78 €/t liegt,  ist das Unternehmen bestrebt,  etwa 90 €/t in Schritten zu erreichen. Avebe sieht Potential in Flächenerweiterungen zur Versorgung der deutschen Fabriken. Um dieses Ziel zu erreichen, bestehen ebenfalls  Bestrebungen, das Eiweiß aus der Kartoffel mit Hilfe einer besseren Aufbereitung nicht wie bisher als Futter zu verkaufen, sondern auch im Lebensmittelbereich mit höheren Erlösen zu platzieren.

Beitrag und Fotos: Julia Gifhorn, Avebe Kartoffelstärkefabrik Prignitz/Wendland GmbH, Lüchow, Telefon: 05841 139143, Julia.Gifhorn@Avebe.com

Sonderdruck aus Kartoffelbau 1&2/2017 (68. Jg.)